Soft-Skills online oder im Präsenzseminar trainieren ?

Seit dem Corona-Lockdown vor vier Monaten stehen Webinare auch bei Soft Skill-Trainings ganz oben auf der Agenda. Für mich als Management-Trainer und Coach war es eine neue und lernintensive Herausforderung, die didaktischen Möglichkeiten im Webinarraum kennenzulernen und für meine Rhetorik- und Argumentationstrainings effektiv und teilnehmerorientiert zu nutzen. Mit Hilfe von Microsoft Teams, Webex, Zoom oder vergleichbarer Software. 

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In den letzten zwei Monaten habe ich in einer langen Reihe von Webinaren Erfahrungen im Onlinetraining sammeln können. Die Ergebnisse waren erfreulich. Der Grundtenor des Teilnehmerfeedbacks: Die Webinare waren effektiv und kurzweilig. Das Lernen hat Spaß gemacht. Es war bedarfsgerecht, interaktiv und kurzweilig. 

Mein erstes Präsenzseminar nach dem Lockdown

Anfang Juli lief mein erstes Präsenzseminar in Coronazeiten. Die Location: Hotel Martinspark in der Mozartstraße in Dornbirn/Österreich. 

Trotz der guten Erfahrungen mit Webinaren hatte die Präsenzveranstaltung eine andere Qualität – vor allem im Hinblick auf das menschliche Miteinander, die verbale und von-verbale Kommunikation, die emotionale Präsenz der Beteiligten und die verfügbaren Lernmethoden und Medien. Hinzu kommt, dass die Gruppendynamik in Präsenzseminaren eine eigenständige Qualität hat. Alle erlebten wir das Training mit einer ‚Normalität‘ wie vor Corona.

Dabei half, dass wir aufgrund der sehr niedrigen Infektionszahlen im Vorarlberg auf Mundschutzmasken verzichten konnten. Natürlich unter Einhaltung der üblichen Hygieneregeln und bei erhöhter Reinigungsfrequenz des Tagungshotels. 

Am Beispiel meiner Erfahrungen mit Offline- und Online-Trainings erläutere ich im Folgenden die Alleinstellungsmerkmale des Präsenzlernens im Vergleich zum Onlinelernen.    

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Während wir beim Online-Lernen allein vor dem Bildschirm sitzen und durch zig Reize abgelenkt werden können, bietet das Präsenzseminar die Gelegenheit, persönliche Beziehungen aufzubauen, unmittelbar aufeinander einzugehen, uns kollegial auszutauschen und gemeinsam zu lernen. Der Aufbau von Nähe und einer vertrauensvollen Lernatmosphäre ist möglich, weil Sinne und Emotionen im Face-to-Face-Setting zusammenspielen. Es ist ein gravierender Unterschied, ob ich Menschen real oder virtuell vor mir habe. 

Im Präsenzseminar lässt sich das Lernumfeld direkt beeinflussen. Die persönliche Präsenz des Trainers und sein didaktisches Handeln sorgen zusammen mit wechselseitigem Austausch dafür, dass die Teilnehmer konzentriert und motiviert bleiben. Er kann aus körpersprachlichen Signalen der Lernenden auf Desinteresse und Überforderung schließen und rechtzeitig gegensteuern.

Zum Beispiel durch verstärkten Blickkontakt, durch gezielte Ansprache, durch aktivierende Methoden oder durch ein Blitzlicht, um die Ursachen für mangelnde Motivation in Erfahrung zu bringen. In Webinaren sind Mikroexpressionen – also kleine und kurzzeitige Veränderungen in Mimik, Gestik und Bewegung – kaum wahrnehmbar.              

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Das Präsenzlernen eröffnet zudem mehr Spielraum, um praxisbezogen und individuell zu trainieren. So kann ich argumentative Auftritte und Herausforderungen durch Rollenspiele simulieren. Schwierige Situationen aus Gesprächen, Online-Konferenzen oder Präsentationen lassen sich in strukturierten Übungen mit Lernpartnern aus der Gruppe videogestützt durchspielen. Teilnehmer probieren neue Techniken der Rhetorik und Dialektik praxisnah aus, bauen durch soziales und Videofeedback mehr Vertrauen in die eigenen Stärken auf, lernen weitere Lösungsansätze kennen und erzielen in der Regel spürbare Fortschritte. Die Simulation der Praxis ist die effektivste Lernmethode, weil alle Beteiligten die Situation emotional miterleben und die damit gekoppelten Praxistipps nachhaltiger im Gedächtnis bleiben.     

Diese Qualitäten von Präsenzseminaren sind in virtuellen Räumen wegen der gefühlten Distanz zwischen den Beteiligten und der eingeschränkten Lernmethoden nur näherungsweise erreichbar. 

 Lern- und Transferbegleitung nach dem Präsenzseminar

Selbst ein erfolgreiches Präsenzseminar sichert noch nicht die spätere Nutzanwendung des Erlernten. Ob die Lernziele erreicht werden, zeigt sich erst in der Realsituation des Alltags.

Die besten Voraussetzungen hierfür schafft ein Blended Learning Format, wie wir es auch in Österreich eingesetzt haben. Hierbei profitieren die Teilnehmer von den erwähnten Vorteilen des Präsenztrainings als auch von den Stärken der mobilen Medien zur Lern- und Transferbegleitung. Optional biete ich nach vier bis sechs Wochen Online-Transfergespräche an, in denen wir mögliche Umsetzungsprobleme besprechen und passgenaue Lösungen erarbeiten.       

Im Einzelnen erhalten die Teilnehmer zur Transferförderung drei Lernmedien, die ihnen auf Notebook, Tablet oder Smartphone zur Verfügung stehen. Zur Wiederholung und Vertiefung oder bei Learning on Demand. Sie können sich zum Beispiel auf Knopfdruck wieder bewusstmachen, wie sie ihre Argumentation wirkungsvoll aufbauen, auf Augenhöhe mit Dominanten agieren oder unsachliche Spielarten im Keim ersticke

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(1) Das videogestützte eLearning Justification and Persuasion Techniques (auch deutschsprachig verfügbar) der Pink University, das den Teilnehmern zwölf Monate lang zur Verfügung steht. Es enthält das Argumentations-Knowhow in Kompaktform. Aufgeteilt in neun spannende Videomodule.

(2) Das Hörbuch „Argumentieren unter Stress“ für das Lernen unterwegs sowie

(3) das gleichnamige E-Book.

Die Inhalte dieser Lernoptionen korrespondieren mit denen des Präsenzseminars, was den Transfer begünstigt. Zudem kann jeder aus den drei Medien diejenigen auswählen, die seinen Lerngewohnheiten, seinen Präferenzen und seinem individuellen Lerntempo entsprechen.

Auch wenn Präsenz- und Online-Seminare Schnittmengen haben, sind sie doch komplementäre Weiterbildungsoptionen. Onlinetrainings eignen sich vor allem,

  • wenn die Lerninhalte genau dann verfügbar sein sollen, wenn ein wirklicher Bedarf da ist – möglichst rund um die Uhr direkt im Arbeitsalltag (Learning on Demand)
  • wenn die Lerninhalte einen kognitiven Schwerpunkt haben und reproduzierbar sind,
  • wenn gesundheitliche Risiken, Wirtschaftlichkeitsaspekte oder die Praktikabilität gegen Präsenzseminare sprechen, wie zum Beispiel beim Corona-Shutdown, bei drastischen Cost-Cutting Programmen oder bei Schulungen mit Teilnehmern aus verschiedenen nationalen und internationalen Standorten. 
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Ich bin überzeugt, dass während und nach der Coronakrise analoge und digitale Formate wegen ihrer spezifischen Besonderheiten komplementär genutzt werden. Führungskräfte werden ihre Weiterbildung in Zukunft hybrid organisieren. Sie werden für Ihre Ausgangssituation und ihre Lernziele das gesamte Spektrum analoger und digitaler Lernoptionen nutzen: Präsenzveranstaltungen und Webinare genauso wie videobasierte E-Learnings, Podcasts, Hörbücher, E-Books und andere Lernangebote. Je nach Thema, Dringlichkeit und den persönlichen Lernpräferenzen.

Wenn die Rahmenbedingungen es erlauben, sprechen bei Soft Skill-Trainings die stärksten Argumente für Präsenzseminare und persönliche Coachings. Als Blended Learning bringen sie erfahrungsgemäß die größten Lern- und Transfererfolge.