Argumente auf den Punkt bringen – Fünfsatztechnik

Wie denkst Du über die Energiekrise? Wie schätzt Du die Kompetenz von Robert Habeck? ein‚Fridays for Future‘? Welche Lösungsiden hast Du zum Ukraine-Konflikt? Es ist nicht leicht, auf diese Fragen aus dem Stand zu reagieren. Die Schwierigkeit besteht darin, dass einem 1000 Gedanken durch den Kopf gehen, die man auf die Schnelle nicht geordnet bekommt.

Es fehlt ein Konzept, um seinen Standpunkt strukturiert und zielgerichtet zu formulieren. Ich stelle Ihnen im Folgenden eine leicht umsetzbare Technik vor, mit der Sie Ihre Botschaften auf den Punkt bringen können: Die Fünfsatztechnik. Sie ist sowohl anwendbar, wenn Sie aus dem Stegreif argumentieren als auch bei der Vorbereitung von Statements.

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Was bedeutet „Fünfsatz“?

Fünfsätze sind gedankliche Baupläne für zielgerichtetes Argumentieren. Sie sind darauf gerichtet, die eigene Meinung oder relevante Teilaspekte in fünf Schritten kurz, logisch und zielführend zu vermitteln. Je nach Anlass und Situation stehen verschiedene Fünfsatzmodelle zur Verfügung. Alle gehen auf ein Grundschema zurück, mit dem ich Sie nun vertraut machen möchte.

Jeder Fünfsatz enthält die Phasen: Einleitung, Hauptteil und Schluss. Diese lassen sich mit Hilfe der fünf Finger der Hand einprägsam beschreiben:

Der Daumen steht für die Einleitung, für den situativen Einstieg. Die mittleren Finger symbolisieren drei argumentative Schritte. Dies ist das Kernstück der Argumentation. Mit dem letzten Finger bringen Sie Ihre Meinung auf den Punkt. Dies ist der Zwecksatz oder das Fazit Ihrer Argumentation.

Hinweis

Der Begriff Fünf-„Satz“ ist missverständlich: Denn jeder der fünf Argumentationsschritte besteht in der Regel aus mehreren Sätzen. Daher sprechen wir im Folgenden von Schritt oder Phase.


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So funktionieren die fünf Schritte:

Schritt 1: Der situative Einstieg:

Je nach Situation, Kontext und Ihrer persönlichen Zielsetzung gibt es verschiedene Einstiegsmöglichkeiten. Bei der agierenden Strategie bemühen Sie sich aktiv um das Wort, um Ihre Argumentation einzubringen. Dies kann dadurch motiviert sein, dass die Diskussion in eine – aus Ihrer Sicht – falsche Richtung läuft, dass Sie ein Argument der Gegenseite auf Tragfähigkeit hin prüfen wollen oder dass Sie einen neuen Aspekt in die Diskussion einführen möchten. Um ans Wort zu kommen, können Sie sich zum Beispiel durch Handzeichen bemerkbar machen, direkt bei einem Schlüsselwort Ihres Gesprächspartners einhaken oder die Pause zu Ende eines anderen Wortbeitrags nutzen. Das hört sich dann etwa so an:

  • „Ich möchte noch einen anderen Punkt ansprechen, der mir sehr wichtig ist…“ 
  • „Ihr Stichwort „Klimawandel‘ nehme ich gern auf, Herr Müller…“
  • „Mir ist ein Aspekt ganz wichtig, der noch gar nicht zur Sprache gekommen ist, nämlich die Meinungsfreiheit, die ja im Grundgesetz – durch Artikel 5 – gesichert ist.“

Bei der reagierenden Strategie beantworten Sie eine Frage Ihres Gesprächspartners oder kontern ein Gegenargument oder einen kritischen Einwand Ihres Gegenübers. Formulierungsbeispiele: „Sie fragen, ob ich meinen Kindern erlauben würde, an diesen Aktionen für den Klimaschutz teilzunehmen. Ich sage ganz klar: Während der Schulzeit nicht…“; „Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen. Trotzdem stehe ich zu 100 Prozent hinter dieser Art von Youtube-Statements …“; „Herr Schumann, Sie fragen zu Recht nach Alternativen zum Dieselfahrverbot. Meine Position sieht so aus …“ Nach diesen Sätzen schließen Sie Ihre Begründung an.

Aus taktischen Gründen kann es ratsam sein, sich in der Einstiegsphase klar zu positionieren oder die eigene Meinung zurückzustellen.
Mein Tipp: Eine klare Position Pro oder Contra sollten Sie nur vertreten, wenn Sie viel Vorwissen zum Thema haben. Wenn Sie sich bei geringer Fachkenntnis klar positionieren, laufen Sie Gefahr, dass Sie bei kritischen Fragen und Einwänden schlecht aussehen und an Glaubwürdigkeit einbüßen.     In diesem Falle ist es ratsam, sich nicht festzulegen und durch kluge Fragen zu punkten. Sie können auch einräumen, dass Sie noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen sind. Eine Variante besteht darin, einen allgemeinen Aspekt ins Spiel zu bringen, den Sie auch gegen scharfe Kritik verteidigen könnten. Etwa: „Ich finde es prinzipiell gut, dass sich junge Menschen für politische Themen engagieren und demonstrieren.“   

Schritte 2 bis 4: Der dreifach gegliederte Hauptteil

Dieser liefert die Belege dafür, dass Ihr Fazit, das im letzten Schritt folgt, richtig ist. Dies ist das Herzstück Ihrer Argumentation. Die mittleren Finger symbolisieren die magische Zahl „Drei“. Das heißt: Beschränken Sie sich auf maximal drei Aspekte, die Ihre Meinung stützen.  Dadurch kann Ihr Zuhörer die Inhalte gut verarbeiten und Sie erhöhen die Einprägsamkeit Ihrer Argumentation.

Durch welche Beweismittel lassen sich Ihre Zuhörer aber überzeugen? Als besonders kraftvoll und erfolgversprechend haben sich vier Typen von Argumenten bewährt:
(1) Nutzenargumente; (2) Beispiele und Geschichten; (3) Zahlen, Daten, Fakten sowie
(4) Autoritäten.

Wählen Sie aus diesen Argumenten drei Punkte aus, die Ihren Zuhörer (vermutlich) am besten überzeugen und zu Ihrer Zielsetzung passen. Bleiben Sie hierbei flexibel: Sie können zum Beispiel zwei Argumente bringen und eine kurze ergänzende Geschichte oder ein Zitat einer Autorität (‚name dropping‘). Eine zweite Variante wäre etwa: ein Argument, ein Beispiel zur Veranschaulichung sowie eine eindrucksvolle Zahl. Die Reduktion auf drei Punkte soll sicherstellen, dass Sie einen einzelnen Wortbeitrag nicht überladen. Denken Sie daran: Sie haben in Gesprächen und Diskussionen Gelegenheit, Ihre TOP-Argumente auf mehrere Wortbeiträge im Gesprächsablauf zu verteilen (Siehe hierzu die u.a. weiterführenden Literaturhinweisen und Links).

Schritt 5: Der Schluss des Fünfsatzes

Er beinhaltet die wichtigste Aussage und wird daher als Zwecksatz bezeichnet. Mit ihm wird die Kernbotschaft zugespitzt und einprägsam zusammengefasst oder verstärkt. Das Fazit ist gleichsam die ‚Kirche am Horizont‘. Die Argumentation ist der Weg zu diesem Ziel. Formulierungsbeispiele: „Und deswegen sollten die Schüler außerhalb der Schulzeit für den Klimaschutz demonstrieren“; „Mein Fazit lautet: Das Rezo-Video steht in Einklang mit der Meinungsfreiheit …“; „Und deshalb bin ich grundsätzlich gegen ein Dieselfahrverbot.“

Starten Sie bei der Vorbereitung eines Fünfsatzes mit dem Zwecksatz
Fragen Sie sich:

Wenn ich meinen Standpunkt in einen Satz zusammenfassen müsste, was würde ich sagen? Was wäre die Quintessenz, was wäre der Kerngedanke, für den ich stehe? Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, bei neuen und komplexen Themen die eigene Meinung in der Schwebe zu halten. Das kann sich so anhören: „Und deswegen bin ich noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen.“ oder „Ich bin daher noch unschlüssig, ob ich mich Pro oder Kontra entscheiden soll.“ Nachdem Sie den Zwecksatz gefunden haben, suchen Sie nach geeigneten Argumenten und Beispielen (drei Punkte). Zuletzt überlegen Sie sich einen guten Einstieg.

Reden Sie sich nicht um Kopf und Kragen

Die Fünfsatztechnik íst ein Plädoyer für kurze Beiträge. Der zusätzliche Nutzen wird nämlich immer kleiner, je länger Sie reden. Lange Beiträge vergrößern die Angriffsflächen, überfordern die Aufnahmefähigkeit der Zuhörer und kosten Sympathie. Ihr Gegenüber hat eben kein eingebautes Tonband, mit dem er ihre langen Ausführungen aufzeichnen könnte. Orientieren Sie sich an der Faustregel, dass Ihr Statement – von Ausnahmen abgesehen – etwa 30 bis 40 Sekunden dauern sollte. Das ist die Länge des sogenannten Elevator Pitch. Diese zeitliche Vorgabe ist allerdings nicht schematisch zu sehen. Die halbe Minute ist ein arithmetisch gewichteter Durchschnittswert. In dieser Zeit können Sie mit Hilfe der Fünfsatztechnik Ihren Standpunkt überzeugend begründen.

Sie können den dargestellten einfachen Fünfsatz in allen Situationen anwenden, in denen Sie argumentativ gefordert sind. Darüber hinaus gibt es spezielle Fünfsatzstrukturen, die für bestimmte Ziele und Szenarien geeignet sind. Dazu gehören:

  • Die Standpunktformel. – Sie beziehen selbstbewusst und eindeutig Position Pro oder Contra. Das ist ihre große Stärke. Allerdings laufen Sie damit auch Gefahr zu polarisieren.
  • Das Pro-Contra-Schema, – Sie leiten Ihren Standpunkt durch Abwägung von Pro und Kontra ab, was Ihre Glaubwürdigkeit erhöht. Mit Hilfe dieses Fünfsatzes können Sie Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.
  • Die Problemlösungsformel. – Sie wollen Ihre Zuhörer von einem bekannten Problem und den Konsequenzen bei Nicht-Handeln zu einer Lösung führen. Entsprechend ist die Formel aufgebaut. Diese eignet am bestens für Ihre Überzeugungsarbeit.

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